Sonntag, 17. Dezember 2023

Süßer die Kassen nie klingeln: So smart spart der Staat durch Mehreinnahmen

Der "schlanke Staat" (Christian Lindner) bleibt deutschen Regierungen ein Ideal wie dem Zwerg der Gedanke, ein Riese zu sein.
 
Wenn Regierungen vom Sparen sprechen, dann sparen sie sich anschließend immer und zuallererst das Sparen. Seit das rot-grüne Kabinett von Kanzler Gerd Schröder Anfang des Jahrtausends begonnen hatte, die Staatsausgaben radikal zusammenzustreichen und den Ausgabengürtel immer enger um die Wespentaille der Staatsmaschine zu schnüren, gelang es so, die Staatsausgaben allein im Bereich des Bundes von 243 auf 371 Milliarden Euro hochzufahren. 
 
Dazu kommt sogenanntes Deficit Spending aus unüberschaubar vielen schwarzen Kassen. Diese "Sondervermögen", Bürgschaften für Partnerstaaten und an staatseigene Banken ausgelagerten grauen Kredite machen inzwischen einen größeren Anteil an den laufenden Kosten aus als der eigentliche Haushalt.

Schlankheitskurs durch Mehreinnahmen

Doch jeder Cent ist immer gut angelegt. Während seiner Schlankheitskur, vorangetrieben von sechs Regierungen und vier verschiedenen Regierungskoalitionen, stellte der Staat zum Beispiel zahllose neue Beamte und Angestellte ein. Sie alle werden benötigt wurden und werden, die Sparanstrengungen zu planen, zu koordinieren und zu überwachen. Dabei hält auch die angeschlagene aktuelle Kabinettsmannschaft das lecke Staatsschiff konsequent auf Eisbergkurs. 
 
Das neue dicke Sparpaket, gleichermaßen notwendig geworden zur Rettung der Haushaltslöcher wie zur Rettung der Regierungskoalition, ist ein verwirend filigranes Geflecht aus Steuererhöhungen, neuen Steuern, höheren Abgaben und der Abschaffung von bisher aus sachlichen Gründen gewährten Abschlägen. "Sparen durch Einnahmen hochfahren" hat das ein früherer Finanzminister freimütig genannt.

Gewichtige Entlastungen

Heute spricht sein Nachfolger von "Entlastungen", der Klimaminister von "Umschichtungen und Mehreinnahmen", der Kanzler beginnt jeden Satz mit dem Hinweis, das alles sei auch für ihn nicht einfach, aber er halte es für "vertretbar" und sogar "sehr vertretbar". Offiziell bezeichnet werden soll der konzertierte Angriff auf die Brieftaschen der Bürger deshalb auch als "Sparmaßnahmen", unumgänglich, aber gut gemeint. Dabei folgt das Kabinett der Logik der klammen schwäbischen Hausfrau, die mit Blick auf ein Familieneinkommen von 30.000 Euro im Jahr bei "inflationsbedingt" (DPA) gestiegenen Ausgaben von 60.000 Euro ankündigt, sie werde in Zukunft streng sparen, indem der alleinverdienende Ehemann ab sofort mehr zu verdienen habe.

Staatlicher Zaubertrick

Ein Zaubertrick, den nicht jeder so sicher auf die Bühne bringen kann wie eine Staats- und drei Parteiführungen. Die Bundesregierung schreibt sich ihre Lohnzettel selbst, sie konnte sogar sogenannte verbindliche europäische Schuldenregeln unterschreiben und später obendrauf noch eine  Schuldenbremse einführen, ohne sich davon auch nur einen Augenblick lang davon abhalten zu lassen, jeweils so viele neue Kredite aufzunehmen, so viel Schattenhaushalte zu begründen und sich selbst Sondervermögen genehmigen zu lassen, dass trotz verdoppelter Steuereinnahmen  in den zurückliegenden 20 Jahren immer noch genug Geld fehlt, dass immer nur noch mehr an Schulden aufgenommen werden müssen. 

Schon der erste Sparhaushalt der seinerzeit noch hochverehrten Kanzlerin Angela Merkel lag - völlig ohne die Betrachtung von stillen Nebenhaushalten für Griechenlandhilfe und Bankenrettung - acht Prozent höher als der Haushalt des Jahres 2008. Ein Viertel des Geldes, das ausgegeben werden sollte, wurde  geliehen. Bezeichnet wurde das als "Sparen". Im Fall der Hausfrau von oben wäre das gleichbedeutend damit, dass deren Sparmanöver darin besteht, jeweils dann bei der Hausbank um einen neuen Kredit zu bitten, wenn der Monat nach dem Ende des Geldes noch immer weitergeht.

Konsequente Sparpolitik

So wird seitdem konsequent weitergespart. So viel auch an Geld hereinkommt, es ist nie etwas da, weil alles was in Aussicht steht, schon längst ausgegeben ist, noch ehe es in der Kasse klingelt. Also muss mehr reinkommen. Sparen bedeutet so stets, dass die Einnahmen erhöht werden. Seit Kaiser Wilhelm II. anno 1902 die Schaumweinsteuer einführte, um mal kurz den Kaiser-Wilhelm-Kanals und die kaiserlichen Kriegsflotte zu finanzieren, ist diese Strategie erfolgreich. 
 
Die Steuer kommt immer zweckgebunden. Ist der Zweck weg, ist die Steuer allerdings immer noch da - der Einfallsreichtum der Profiteure kennt dabei keine Grenzen. Sie haben sich Zuschläge auf Zuschläge ausgedacht, Abgaben mit Steuercharakter, Umlagen auf Ausgaben wie bei Grunderwerbssteuer, "Entgelte" für Stromnetze und Steuern auf Steuern.

Tradition der Tränenliste

Zentrale Maßgabe ist seit der "Tränenliste", mit der Angela Merkel seinerzeit ihre Sparbemühungen imitierte, immer, Ausgabenkürzungen unbedingt zu vermeiden und stattdessen Erhöhungen der Einnahmen zu ermöglichen. Mit Erfolg. Seit 1990 verdreifachten sich die Steuereinnahmen.  Doch die Ausgaben hielten locker Schritt: Lag die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben damals noch bei  27 Milliarden, waren es zuletzt schon 117 Milliarden. Die Formel ist das eiserne an der Sparpolitik: Verdreifachen sich die Einnahmen, vervierfacht sich die Finanzlücke.
 
An der "Sparpolitik" wird deshalb auch nie gerüttelt. Mittlerweile arbeiten allein in der Bundesverwaltung 500.000 Frauen und Männer daran, die Schuldenbremse 1:1 umzusetzen,  die Einnahmen zu optimieren und die Ausgaben hochzufahren. Gespart wird immer hinter dem Horizont, dort, wo andere werden auszubaden haben, was man selbst angerichtet hat. Morgen, morgen, nur nicht heute, wo Wichtigeres ansteht, Weltweichen gestellt werden und vorher noch so viele Mäuler zu stopfen und so vielen Interessengruppen wenigstens so viel gelassen werden muss, dass niemand auf die Barrikaden geht.

Nie waren mehr Löcher

Das Sparen wegen der Haushaltslöcher, es wird auch diesmal also wieder durch höhere Einnahmen ersetzt. Niemand macht sich überhaupt mehr die Mühe, wie früher wenigstens pflichtschuldig zu versichern, dass spätestens später aber Schluss sein wird mit dem wilden Leben. Kein Tropfen mehr, sagt der Trinker, keine Kippe mehr, nicht mal zum Fußball-Bier, sagt der Raucher. Keinen Euro mehr von Fremden, riefen frühere Finanzminister, die sich im Überschwang der eigenen Macht über alles, was an Zukunft noch kommen würde, eine "Schuldenbremse" in den Arbeitsvertrag schreiben ließen, die in Kraft treten sollte, sobald sie selbst das Amt nicht mehr innehaben würden.

Ist der Ruf erst ruiniert, und der Ruf der Ampel ist es, spart es sich völlig ungeniert. 


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Seit 1990 verdreifachten sich die Steuereinnahmen." Seit 1990 hat aber auch der Wert des Geldes
75 -80% abgenommen. Das sollte auch mal erwähnt werden.

ppq hat gesagt…

das hat dir der teufel gesagt!!!!!!